Internationaler Holocaust-Gedenktag (27. januar)

Seit 2005 gedenkt die ganze Welt der Opfer des schrecklichen nationalsozialistischen Regimes, mit dem die Menschheit einer Gemeinschaft beraubt werden sollte, die während ihrer gesamten Kulturgeschichte, von den Anfängen bis zur Gegenwart, Teil von ihr war. Mörderische Praktiken, die bis dahin als Schöpfung kranker Wahnsinniger oder als apokalyptische Visionen von Schriftstellern wie Dante Alighieri erschienen, sind plötzlich Realität geworden. Vor acht Jahrzehnten hat sich die Welt verändert. Diejenigen, die dieses Inferno erlebten und überlebten, haben stets versucht zu warnen, dass sich ein solches Grauen nie wiederholen dürfe - aber! Warum hat es sechzig Jahre gedauert, bis der Internationale Holocaust-Gedenktag Teil der globalen Kultur und des moralischen Imperativs der Welt geworden ist? Warum ist so etwas nicht gleich nach dem Krieg geschehen? Ja, wir wissen es, die Antworten liegen auf der Hand - historischer Kontext! Aber der Beigeschmack bleibt.

Aber heute - wir schreiben bereits das Jahr 2024 - haben sich viele andere Fragen gestellt. Dies ist nicht mehr nur eine akademische Angelegenheit, die eine Handvoll Historiker oder die Nachkommen derjenigen interessiert, die wie durch ein Wunder diesem Inferno entkommen sind. Heute ist es wirklich eine Erinnerung, mit allem, was dazugehört.

Am 7. Oktober 2023 ereignete sich das schlimmste Massaker an der jüdischen Bevölkerung seit dem Ende der großen Tragödie, derer wir heute gedenken. Ja, wir wissen, dass wir auf die Frage nach den Gründen ähnliche Antworten hören können wie vor Jahren, auch wenn wir uns dieses Mal in einem völlig anderen historischen Kontext befinden. Aber der Nachgeschmack bleibt. Und nicht nur das.

Die Menschheit als solche scheint unbelehrbar zu sein. Der 27. Januar 2024 wird sicherlich ein weiterer in einer Reihe von würdigen Gedenkfeiern für die Opfer des Holocausts sein. Aber ist das genug?

 

JUDr. Tomas Kraus

Direktor des Instituts der Theresienstädter Initiative